Vicco von Bülow (Loriot)

Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow wurde am 12. November 1923 als Sohn des Polizeileutnants Johann-Albrecht Wilhelm von Bülow und dessen erster Ehefrau Charlotte Mathilde Luise in Brandenburg an der Havel geboren. Seine Eltern ließen sich bereits 1928 scheiden.

Die Familie von Bülow ist ein altes mecklenburgisches Adelsgeschlecht mit gleichnamigem Stammhaus im Dorf Bülow bei Rehna. Der Künstlername „Loriot“ ist die französische Bezeichnung des Pirols, des Wappentieres der Familie von Bülow. In der mecklenburgischen Heimat ist „Vogel Bülow“ eine gängige Bezeichnung für den Pirol.

Von Bülow wuchs seit 1927 mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Johann-Albrecht bei Großmutter und Urgroßmutter in Berlin auf. 1933 zogen die Geschwister wieder zu ihrem Vater, der im Jahr 1932 erneut geheiratet hatte. Von Bülow besuchte von 1934 bis 1938 das Schadow-Gymnasium in Berlin-Zehlendorf. Mit dem Vater zog die Familie 1938 nach Stuttgart. Von Bülow besuchte dort das humanistische Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, das er 1941 siebzehnjährig mit Notabitur verließ. In Stuttgart sammelte er auch erste Erfahrungen als Statist in der Oper und im Schauspiel.

Er begann der Familientradition entsprechend eine Offizierslaufbahn, war drei Jahre an der Ostfront im Einsatz, wurde mit dem Eisernen Kreuz zweiter und erster Klasse ausgezeichnet und erreichte den Dienstgrad Oberleutnant. Sein jüngerer Bruder fiel am 21. März 1945 als Leutnant bei Gorgast im Oderbruch. Vicco von Bülows militärische Personalakte enthielt keine Hinweis auf nationalsozialistische Gesinnung. Auf die Frage, ob er im Zweiten Weltkrieg ein guter Offizier gewesen sei, antwortete er später in einem Interview: „Nicht gut genug, sonst hätte ich am 20. Juli 1944 zum Widerstand gehört. Aber für den schauerlichen deutschen Beitrag zur Weltgeschichte werde ich mich schämen bis an mein Lebensende.“

Nach dem Krieg arbeitete von Bülow nach eigener Schilderung für etwa ein Jahr als Holzfäller, um sich Lebensmittelkarten zu verdienen. 1946 vervollständigte er in Northeim das Notabitur. Auf Anraten seines Vaters studierte er von 1947 bis 1949 Malerei und Grafik an der Kunstakademie (Landeskunstschule) in Hamburg.

Nach dem Abschluss legte Bülow erste Arbeiten als Werbegrafiker vor und entwarf das charakteristische Knollennasenmännchen. Von 1950 an war Bülow als Cartoonist tätig. Seit dieser Zeit verwendete er auch den Künstlernamen „Loriot“. Seine erste regelmäßige Serie im „Stern“ hieß „Auf den Hund gekommen“. Seine Cartoons lösten bei den Lesern jedoch große Proteste aus. Viele Leser drohten damit, den Stern nicht mehr zu kaufen bzw. ihre Abonnements zu kündigen. Henri Nannen, der damalige Chefredakteur, stellte die Serie nach sieben Folgen ein und beendete die Zusammenarbeit: „Ich will den Kerl nie wieder im ‚Stern‘ sehen!“ Danach zeigte sich kein einziger Verleger in Deutschland interessiert, die Serie als kleines Buch zu drucken. Loriot sandte auf Anraten einer Bekannten dem Schweizer Daniel Keel die Zeichnungen; 1954 präsentierten die beiden auf der Frankfurter Buchmesse das Buch „Auf den Hund gekommen“. So begann eine lebenslange Zusammenarbeit: Loriot publizierte fortan fast ausschließlich bei Keel. Für Keel – er hatte 1952 den Diogenes Verlag gegründet – war es das zweite Buch; für Loriot das erste.

1951 heiratete von Bülow die Hamburger Kaufmannstochter und damalige Modeschülerin Rose-Marie, geborene Schlumbom, und wurde in der Folgezeit Vater zweier Töchter – Bettina und Susanne.

1953 startete der „Stern“ eine Kinderbeilage, das „Sternchen“. Loriot schlug die Serie „Reinhold das Nashorn“ vor und bekam den Auftrag. Aus zunächst geplanten zwei Monaten wurden schließlich 17 Jahre. Es folgten weitere Arbeiten für Weltbild und Quick.

Von Bülow hatte 1959 eine kleinere Rolle als Schauspieler in Bernhard Wickis Film „Die Brücke“, sowie 1961 im Film „Das Wunder des Malachias“. 1962 hatte er eine Mini-Rolle in Andrew Martons Kriegsfilm „Der längste Tag“. Im selben Jahr gestaltete er das Titelblatt der ersten Ausgabe der Satirezeitschrift „pardon“. 1963 zog Vicco von Bülow nach Münsing-Ammerland in die Nähe des Starnberger Sees. Dort wurde er als angesehenes Mitglied der Dorfgemeinschaft 1993 zum Ehrenbürger erhoben.

Loriot moderierte von 1967 bis 1972 die Fernsehsendung „Cartoon“ für den Süddeutschen Rundfunk, die er auch als Autor und Co-Regisseur verantwortete. Es handelte sich ursprünglich um eine Sendereihe internationaler Zeichentrickfilme, in die er auch eigene Arbeiten einbrachte und damit künstlerisch die engen Rahmenbedingungen, die das Medium Zeitschrift seinen Zeichnungen auferlegt hatte, verließ. Loriots anfänglich reine Moderation von einem roten Sofa aus wurde zunehmend zu einem eigenständigen humoristischen Element der Sendung. Später baute Loriot auch Sketche, in denen er selbst die Hauptrolle übernahm, in die Folgen ein.

1971 schuf Loriot mit dem Zeichentrick-Hund Wum ein Maskottchen für die Aktion Sorgenkind in der ZDF-Quizshow „Drei mal Neun“, dem er selbst auch die Stimme lieh. Zu Anfang war Wum noch der treue Freund eines Männchens, des eigentlichen Maskottchens, dem er jedoch mehr und mehr die Show stahl und das er schließlich völlig verdrängte. Zu Weihnachten 1972 wurde Wum zum Gesangsstar: Mit dem Titel „Ich wünsch mir ‘ne kleine Miezekatze“ war er so erfolgreich, dass er für neun Wochen die Spitze der deutschen Hitparade belegte. Dabei handelte es sich bei Wums Gesang um von Bülows Sprechgesang. Wum blieb auch in der Nachfolgesendung „Der Große Preis“ bis in die 1990er Jahre hinein als Pausenfüller erhalten, bald schon als Duo zusammen mit dem Elefanten Wendelin. Loriot schrieb und zeichnete die Trickfilmgeschichten und gab allen Figuren seine Stimme.

Nach Ende der Serie „Cartoon“ produzierte der Süddeutsche Rundfunk eine Sondersendung anlässlich des Besuchs der britischen Queen 1974 („Loriots Telecabinet“), die bereits einiges von dem vorwegnahm, was im Laufe des Jahrzehnts noch kommen sollte. 1976 entstand mit „Loriots sauberer Bildschirm“ die erste Folge der sechsteiligen Fernsehserie „Loriot“ bei Radio Bremen, in der er sowohl Zeichentrickfilme als auch gespielte Sketche (letztere oft zusammen mit Evelyn Hamann) präsentierte. Diese Sketche und Trickfilme wurden in Deutschland sehr populär, werden noch immer regelmäßig im Fernsehen wiederholt und sind inzwischen komplett auf DVD erhältlich. Die Anmoderationen und humoristischen Einlagen von Loriot und Evelyn Hamann zwischen den Filmbeiträgen fanden auf einem grünen Sofa statt.

Eine besondere Liebe verband Loriot zur klassischen Musik und zur Oper. Das Interesse hatten die Großmutter, die ihm als Kind Mozart, Puccini und Bach auf dem Klavier vorspielte, und die Plattensammlung seines Vaters mit Aufnahmen von Tenören und Opern-Soli, geweckt. In seiner Stuttgarter Zeit wohnte Loriot in Laufweite zur Oper Stuttgart und wirkte als Komparse auf der Opernbühne mit.

1982 dirigierte er das „humoristische Festkonzert“ zum 100. Geburtstag der Berliner Philharmoniker, mit deren Geschichte er durch familiäre Beziehungen verbunden war. (Hans von Bülow, der erste Chefdirigent der Philharmoniker, war ein entfernter Verwandter von Loriot.) Als Regisseur inszenierte Loriot die Opern „Martha“ (Stuttgart, 1986) und „Der Freischütz“ (Ludwigsburg, 1988).

1988 drehte Loriot als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller den Kinofilm „Ödipussi“, 1991 folgte dann „Pappa ante Portas“. Auch dabei spielte Evelyn Hamann jeweils die weibliche Hauptrolle.

Im April 2006 gab Loriot bekannt, sich als Fernsehschaffender zurückzuziehen, da seiner Meinung nach in diesem Medium wegen der entstandenen Schnelllebigkeit keine humoristische Qualität mehr zu erzielen sei. Vicco von Bülow starb am 22. August 2011 im Alter von 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See an Altersschwäche. Er wurde am 30. August 2011 im engsten Familienkreis auf dem Waldfriedhof Heerstraße im Berliner Stadtteil Westend beigesetzt. Der Art Directors Club trauerte um sein Ehrenmitglied in einer Zeitungsanzeige mit den Worten: „Lieber Gott, viel Spaß!“

Inszenierungen der Jungen Oberwerrner Bühne

2014   –   Holleri di dudl dö! (JOB-R01)

Informationsquellen

de.wikipedia.org/wiki/Loriot
www.imdb.com/name/nm0902086
www.loriot.de